Montag, 3. Dezember 2012

Die Qual der Wahl

Ich bin hin- und hergerissen mit welchem Stoff ich als erstes beginnen soll. Im Laufe der letzten Jahre habe ich ja einige schöne Stoffe gesammelt.
Für mein erstes Dirndl hier im Blog habe ich mir einen apfelgrünen Baumwollstoff mit weißen Blümchen ausgesucht. Ein Dirndl in dieser Farbe habe ich vor ein paar Jahren bei Gössl gesehen und mich sofort verliebt. Umso glücklicher war ich als ich im Gössl Werksverkauf diesen Stoff gefunden habe. Seitdem liegt er bei mir im Schrank und wartet auf seine Verwendung. Nach dem "Mieder-Fiasko" war er schon mal nah dran ein Kimono zu werden. Wäre bestimmt auch sehr hübsch geworden. Aber offensichtlich ist es sein Schicksal ein apfelgrünes, knöchellanges Dirndl zu werden.


Nun war ich aber vor ein paar Wochen in Salzburg und da war natürlich auch ein Abstecher zum Gössl-Werksverkauf obligatorisch. In der Restekiste ist mir ein apfelgrüner Stoff mit einer samtigen Oberfläche aufgefallen. In Kombination mit einer hellblauen Bluse ist das sicher ein Hingucker und ein tolles Outfit für die Arbeit. Hmmmh...


Montag, 8. Oktober 2012

Ein Miederschnitt

Das Herzstück für ein Dirndl ist natürlich das Mieder. Es formt Taille und Brust und sorgt für Kurven. 
Je nach geografischer Lage und Zeit wird das Mieder anders genannt. Leibl, Loibl, Spenzer, Leibgewand, Schnürbrust ... um nur ein paar zu nennen. Für Interessierte bietet die Trachtenberatung Schwaben eine gute Übersicht über die Begrifflichkeiten und zeigt außerdem fotografische Beispiele aus verschiedenen Jahrhunderten. Interessant finde ich das Bild eines "Rüschenspenzers" aus dem 18./19. Jahrhundert. Es zeigt, dass während der Empiremode die Taille des Dirndls entsprechend der damals vorherrschenden Mode nach oben, unter die Brust gewandert ist. Das Dirndl war modisch also schon immer ein Chamäleon.
Für mich habe ich mir ein separates Mieder vorgestellt. So kann ich Mieder, Rock und Schürze je nach Laune und Anlass kombinieren. Außerdem kann ich ein separates Mieder auch mal zu Jeans und Lederjacke tragen. 
Wie ja schon angedeutet, ist es mir nicht gelungen einen Mieder-Schnitt aus der Burda so abzuändern, das er für mich passend ist. Nicht dass ich es nicht lange genug versucht hätte. Ich habe meterweise Kopierpapier und Nessel geschnitten, genäht, abgesteckt, die Änderungen wieder auf Papier übertragen und wieder ein neues Nesselmodel versucht. 
Dieses Mal habe ich mich gleich an einen Profi gewandt. Hier in Augsburg bietet eine Scheidermeisterin u.a. Schnitterstellung und Nähberatung an. Sie hat mich abgemessen und mir einen Maßschnit für ein Mieder mit "Wiener Naht" erstellt. Eine Verstärkung mit Stäbchen habe ich nicht vorgesehen, da ich die näherische Herausforderung erst mal einfach halten will. Außerdem soll es ja auch für den Job und in der Freizeit tauglich sein und da ist es mir pur und anschmiegsam lieber. Die Schneidermeisterin empfahl mir einen zusätzlichen Abnäher zu versuchen, um den bei mir sehr großen Unterschied zwischen Brustweite, Unterbrust und Taille optimal auszugleichen.
Nach einer Woche konnte ich den Schnitt abholen und hab' ganz gespannt ein Model aus Nesselstoff genäht. Ich war begeistert! Schon der erste Entwurf war beinahe perfekt. Nur am Rücken gab es noch Optimierungsbedarf, den die Meisterin auch sofort gesehen und den Schnitt nochmal überarbeitet hat. Das zweite Nesselmodel habe ich dann auf Anregung der Meisterin "geklebt". Das heißt ich habe am Ausschnitt und auf die Träger Batist-Gewebeeinlage aufgebügelt. Damit verhindert man, dass der Nessel beim Anprobieren und Abstecken ausleiert. So kann man sicher gehen, dass man das Abgesteckte auch 1:1 auf den Papierschnitt übertragen kann. Das war vermutlich auch einer meiner Fehler bei der Schnittanpassung. Nicht zu kleben!
Das zweite Nesselmodell war perfekt. Es saß wie angegossen, formte einen tolle Figur und fühlte sich an wie eine zweite Haut ohne mich einzuengen. Der Büste passt es nicht, da ich Größe 42/44, die Büste eher 38 hat. Mein "Dirndlgefühl" war auf jeden Fall wieder da und der Weg frei in den "echten" Stoff zu schneiden.

Donnerstag, 27. September 2012

Endlich wieder ein Dirndl

Seit Jahren schon möchte ich wieder ein g'scheites Dirndl. Als Kind hatte ich nicht nur Eines. Nicht zuletzt weil es Anfang der 80er Jahre auf dem Land in Bayrisch-Schwaben normal war zu Festtagen Dirndl oder Tracht zu tragen. Im Teenager-Alter war das dann schon nicht mehr so cool. Jeans und T-Shirt waren angesagt. Das Dirndl war nur noch den Auftritten mit dem Musikverein vorbehalten.
Für mich kam das große Erwachen, als der Musikverein bei einer Trachtenschneiderei neue Dirndl in Auftrag geben ließ. Nach mehreren Terminen in denen vermessen, anprobiert und abgesteckt wurde, habe ich das erste Mal ein maßgeschneidertes Dirndl getragen. Was soll ich sagen? Ich habe es geliebt ...  das Gefühl geborgen zu sein, getragen zu werden von dem festen Stoff.
Mit dem Austritt aus dem Musikverein musste ich auch das geliebte Dirndl abgeben. Anderes, ein Auslangsaufenthalt, Studium etc., waren wichtiger und aufregender. Nach dem Studium schloß die Suche nach der eigenen Identität auch immer mehr die eigene Herkunft als bayrische Schwäbin ein. Gleichzeitig etablierte es sich im benachbarten München, dass auf dem Oktoberfest wieder mehr Dirndl getragen wurde. Obwohl ich anfangs begeistert war, konnte ich mit diesem Trend nicht viel anfangen. Ich war enttäuscht von den minderwertigen Stoffen, der schludrigen Verarbeitung und den kitschigen Designs. Aber am meisten vermisste ich das Dirndlgefühl. Auch der Blick in den Spiegel zeigte, dass das Dirndl nichts bewirkte ... keine Wespentaille, kein definierter Busen, nur viel und schlecht in Szene gesetztes Decollete. Schade drum. Denn gerade das Dirndlmieder ist dafür geschaffen aus jeder Frau ein Pin-up zu machen ... wenn es denn richtig passt. So ist dann die Idee herangereift "Warum nähst Du es nicht selbst? Dann kannst Du es passend machen." Etwas Näherfahrung hatte ich ja schon. Die Idee war gut, die Umsetzung war ein Fiasko. Nach unzähligen Versuchen einen Schnitt anzupassen und keinem g'scheiten Ergebnis, war der Enthusiasmus erst mal weg ... für  die nächsten Jahre.
Inzwischen hat sich das Angebot an schönen, toll verarbeiteten Dirndln erheblich verbessert. Auch ich hab' zwischenzeitlich ein tolles Dirndl gefunden, das meine Figur wieder so in Szene setzt wie es sich gehört. Aber immer wieder ist da diese Stimme, die frägt "Warum nähst Du Dir nicht selbst ein Dirndl? Dann kannst Du es so gestalten, wie es dir gefällt. Oder Du kannst Dir ein alltagstaugliches Dindl nähen." Mein Tatendrang war wieder aufgewacht.